Die Nächte zwischen Weihnachten (25. Dezember) und dem Fest der Heiligen Drei Könige (6. Januar) sind die sogenannten 12 heiligen Nächte – je nach Region auch als Rau(h)nächte, Rauchnächte, Glöckelnächte, Innernächte bzw. Unternächte bezeichnet. Ich bevorzuge den ursprünglichen Begriff Rauchnächte.
Der Ursprung und die Bedeutung
Die Anzahl der Nächte ist regional sehr unterschiedlich und kann von drei bis zwölf Nächte betragen. Mancherorts wird auch die Thomasnacht (21. Dezember) zu den Rauhnächten gezählt. Die Ableitung des Namens ist bis heute umstritten. Einerseits geht man von der mittelhochdeutschen Bezeichnung »rûch« (neuhochdeutsch: haarig) aus und bezieht sich dabei auf die Darstellung der Dämonen, welche in diesen Nächten umherirren sollen. Anderseits nimmt man an, dass sich das Wort von Rauch/Räuchern ableitet. Damit erklärt sich auch der Brauch des Räucherns in dieser Zeit.
Aber warum gerade zwölf Nächte? Die Erklärung liegt bei den alten Germanen. Nach dem germanischen Kalender gab es immer einen Wechsel von Mond- und Sonnenjahr. Das Mondjahr hat demnach nur 354 und das Sonnenjahr 365 Tage. Daraus ergibt sich eine zweijährige Differenz von elf Tagen oder eben zwölf Nächten. Diese galten als »tote Zeit« oder als »Zeit zwischen den Jahren«. Ein anderer Grund dafür könnte natürlich auch sein, dass die Zahl Zwölf im Christentum eine zentrale Rolle spielt – die zwölf Stämme Israels, Jesus hatte zwölf Jünger und es gab zwölf Apostel. Also Grund genug, dass gerade die heiligen Nächte zwölf an der Zahl sind.
In diesen oft stürmischen Winternächten, so glaubte man in vorchristlicher Zeit, wirkten böse Mächte, die den Menschen schaden wollten. Auch sagte man dieser Zeit nach, sie eigne sich für die Beschwörung von Geistern und die Wahrsagerei. Zur Mitte der Rauchnächte-Zeit (an Silvester) sollte dann die sogenannte »Wilde Jagd« beginnen – in dieser Zeit, nahm man an, hatten die Seelen der Toten und die Geister Ausgang in die Welt der Lebenden. Der Name leitet sich von einer Gruppe mythischer Jäger her, die angeblich durch die Lüfte ziehen. Auch existierte die Vorstellung, dass Menschen, die mit dem Teufel im Bunde standen, sich während der Rauchnächte in Werwölfe und andere magische Wesen verwandeln konnten.
Das Brauchtum in den Rauchnächten
Die Rauchnächte werden natürlich auch von einer Reihe von Bräuchen begleitet, die regional sehr unterschiedlich sein können.
Das Verbot des Wäschewaschens
Der Brauch, dass in den Rauchnächten keine Wäsche gewaschen und aufgehängt werden soll, ist eng mit der Vorstellung der »wilden Jagd« verbunden. Laut der germanischen Mythologie ist in den Rauchnächten ein Heer von Reitern unterwegs, welches von Odin (auch Wotan genannt) und Frau Holle (ursprünglich eine nordische Göttin) angeführt wird. Der Sage nach werden alle, die die wilde Jagd sehen, also sich im Freien befinden, von ihr mitgerissen.
Eine weitere Erzählweise besagt, dass Frau Holle aus jedem Wäschestück, das sie zu greifen bekommt, ein Leichentuch macht und jemand aus dem Haushalt stirbt. Aufgrund dieser vermeintlichen Gefahren (und wegen der Kälte) zogen sich die Menschen während dieser Zeit in ihre Häuser zurück und die meisten alltäglichen Arbeiten wurden eingestellt – so auch das Wäsche waschen.
Ordnung und Sauberkeit
Die dunklen Gestalten der Rauchnächte fühlen sich in Chaos, Unrat und allgemeiner Unordnung am wohlsten. Daher sollten Haus, Hof und im Idealfall auch sein Inneres aufgeräumt sein.
Das Räuchern
Ein weiterer Brauch der Rauchnächte ist das Räuchern. Auch hier liegt der Ursprung in der Angst vor bösen Geistern und Dämonen, welche besonders in dieser Zeit ihr Unwesen treiben. Durch das Räuchern mit bestimmten Kräutern und Harzen wie z. B. Weihrauch, Wacholder, Myrrhe, Beifuß, Tannen- oder Kiefernharz sollen Haus und Hof samt seiner Bewohner vor Unheil geschützt werden.
Der Ablauf des Räucherrituals war einfach. Zuerst zog die Familie durch das Haus, der Vater mit der Räucherpfanne/-schale voran. Anschließend wurde mit den Kräutern in der Hand gebetet. So zog die Familie von Raum zu Raum – teilweise auch bis an die Grundstücksgrenzen. Die Kräuter für dieses Ritual werden das Jahr über gesammelt und an Mariä Himmelfahrt in der Kirche geweiht.
Die Wahrsagerei
Ferner gelten die Rauchnächte als besonders geeignet für Orakel und Wahrsagerei. Ein Brauch aus dem 19. Jahrhundert besagt beispielsweise, dass unverheiratete Frauen um Mitternacht an einer Wegkreuzung (oder einem anderen »magischen Ort«) ihren zukünftigen Lebenspartner zu sehen bekommen könnten. Seine Gestalt solle erscheinen und an ihnen vorübergehen. Sie aber dürfen sich nicht zu ihm umdrehen oder ihn ansprechen, sonst würde das ihren Tod bedeuten.
Auch andere, teilweise seltsame Orakel wurden in den Rauchnächten bevorzugt befragt – zum Beispiel der Gänsemagen. Dieser sollte voraussagen, ob das nächste Jahr fruchtbar wird oder nicht. In der Moderne hat sich die abgewandelte Orakelform Bleigießen bis heute etabliert.
Sprechende Tiere
In der Nacht vom 27. zum 28. Dezember, der sogenannten »Lüttenweihnacht« (Tier-Weihnacht) sollen nach altem Volksglauben die Tiere die menschliche Sprache sprechen und die Zukunft voraussagen können.
Der Perchtenlauf
In der letzten der zwölf Rauchnächte (5./6. Januar) finden in vielen Alpenregionen sogenannte Perchtenläufe statt. Auch dieser Brauch geht auf einen vorchristlichen Volksglauben zurück. In der Zeit zwischen den Jahren, sagte man, stehe die Pforte zur Anderswelt offen - so können Geister und Dämonen in diese Welt gelangen und den Menschen schaden. Der Sage nach erscheint am Perchtabend die mythische Frau Percht (auch Frau Holle genannt) mit ihrem Gefolge, um das Böse mit Glocken, Lärmen, Trommeln usw. zu vertreiben und um das alte Jahr hinauszukehren.
In den heutigen Perchtenläufen verkleidet sich eine Gruppe von Menschen mit schaurigen Masken und Pelzumhängen und zieht durch die Dörfer. Oft tragen sie Kuhglocken oder Glockenspiele sowie Ruten bei sich, um mit dem Lärm die Geister zu vertreiben. Teilweise werden auch die Zuschauer mit den Ruten (meist leicht) geschlagen. Dies ist laut Brauchtum keine Strafe, sondern soll viel mehr Glück und Fruchtbarkeit bringen sowie Krankheiten austreiben.
Die Perchten-Charaktere
Frau Percht ist die zentrale Gestalt der Perchtenläufe und steht für die Dualität des Lebens (Tag und Nacht, Leben und Sterben, Gut und Böse usw.). Sie besitzt zwei Gesichter: vorne Sonne und hinten Teufel (je nach Region auch umgekehrt). Der Ursprung der Figur ist umstritten. Sie wird meist als die nordische Göttin Frigg oder als germanische Göttin Freya interpretiert. In einigen Regionen wird sie auch Frau Holle genannt.
Die Teufel gehören zum Teil der Dualität Gut und Böse. Ihre Aufgabe ist es, während der Perchtenläufe die Mädchen zu den Schönperchten zu treiben.
Die Schönperchten stehen für das Leben, Licht und die Ordnung. Oft werden sie von Musikern begleitet – und erzeugen dabei mindestens genauso viel Lärm wie diese.
Die Musiker spielen oder lärmen meist mit Trommeln, (Kuh-)Glocken und verschiedenen Blasinstrumenten. So sollen der Winter und böse Geister ausgetrieben werden.
Die Tänzer sorgen mit ausgelassenem Tanz, Hüpfen und Wirbeln dafür, dass das Böse ausgetrieben und das Gute gebunden wird. Oft formieren sie sich zu einem Kreis, in dessen Mitte sich Frau Percht befindet.
Zu guter Letzt gib es noch die Schlenzer, welche die Zuschauer erschrecken und ärgern. Sie sammeln auch Geld oder versuchen, den Zuschauern Gegenstände zu klauen.